Lager und Einrichtung - Kiepen

Kiepen aus ungeschälter Weide, mit Leinenriemen
((grob) 12. - 15. Jhd)
Bei der Rekonstruktion von Gütern der Sachkultur des Mittelalters begegnen einem immer wieder Gegenstände, die in nur geringer Veränderung bis in die heutige Zeit Verwendung finden, oder derer sich mindestens noch die eigenen Grosseltern aus dem Alltag erinnern. Die "Kiepe" (ein ursprünglich vermutlich eher aus dem norddeutschen Raum stammendes Wort), oder "Kraxe", ein Rückentragekorb aus Weiden-oder Holzspangeflecht, stellt hierbei geradezu ein Paradebeispiel dar. Geradezu charakteristisch ist das Bild der landsässigen Bevölkerung, die mittels auf dem Rücken getragener Körbe ihre Waren und Erzeugnisse auf den Markt der nächsten Stadt oder des Marktfleckens tragen, um sie dort zu verkaufen.
Der früheste uns bekannte Hinweis auf einen solchen Korb stellt der "Rucksack" aus dem Funeralschifffund aus Gokstad aus dem späten 9ten Jahrhundert dar, von dem jedoch praktisch nur die Bodenplatte aus Holz, sowie ein ebensolcher Deckel erhalten geblieben sind, so daß die restliche Konstruktionsweise sehr spekulativ verbleibt. Bilddarstellungen späterer Jahrhunderte stellen ähnliche Rückentragekörbe, jedoch scheinbar immer ohne Holzboden, in verschiedenen Varianten dar, wobei aus den Darstellungen nur bedingt sicher auf das verwendete Material oder die genaue Bauweise geschlossen werden kann. Verwendung finden die Körbe gemäß dieser Darstellungen in vielfältiger Weise: bei dem erwähnten Warentransport, bei der Ernte, insbesondere der Weinlese, als schlichten Rucksackvorgänger auf Reisen.
Konstruktive Merkmale für mittelalterliche Kiepen lassen sich nur in bestimmten Rahmen eingrenzen. Im Gegensatz zu moderneren Ausführungen erscheinen diese primär halbrund bis oval, mit 2 oder 4 vertikalen Leisten. Das Material erscheint einfarbig, hell- bis dunkelbraun. Als Trageriemen dienen Bänder nicht näher eingrenzbaren Materials, denkbar sind textile Riemen wie auch solche aus Leder.
 

Vorlage

Kiepen bzw. Rückentragekörbe begegnen einem in einer ungeheuren Vielzahl an Darstellungen, mindestens vom 12ten bis 15ten Jahrhundert. Ihre Form variiert in Details teils stärker, die Grundkonstruktion bleibt jedoch fast immer gleich. Unsere Kiepen stellen keine konkrete Rekonstruktion einer bestimmten Darstellung dar, zumal uns keine Funde bekannt sind, anhand derer die genaue Konstruktion weiter eingegrenzt werden könnte. Da jedoch Kiepen, wie erwähnt, bis in die heutige Zeit mit nur bedingten Änderungen Verwendung finden, stellen die dargestellten Kiepen eine Interpretation anhand der vielfältigen Bildquellen, mit leichtem Fokus auf spätmittelalerliche Quellen, dar. Die Befestigung der Riemen mittels Loches am Standbein orientiert sich hierbei z.B. an einer Darstellung aus Österreich um 1475.

Bezogen von Jörg Fraske
Verschiedene Darstellungen von Rückentragekörben, 12.-15.Jhd
(In unserem Besitz seit 03/2009 / Stand 13.04.2009)
 

Quellangaben

Das Hausbuch der Mendelschen ZwölfbruderstifungDie Abbildungen des Hausbuches der mendelschen Zwölfbruderstifung aus Nürnberg, frühes 15tes bis frühes 16tes Jahrhundert, zeigt vielerlei Handwerksberufe und ihre verwendeten Werkzeuge sowie Produkte, und stellt eines der bedeutensten Werke des Spätmittelalter in Bezug auf Handwerk, speziell in Nürnberg, dar.
Tacuinum Sanitatis, BNF NAL 1673, Folio 26vTacuinum Sanitatis, BNF NAL 1673, Bibliothèque nationale de France, Folio 26v. Ca. 1390-1400.
Tacuinum Sanitatis, BNF Latin 9333, Folio 1Tacuinum Sanitatis, BNF Latin 9333, Bibliothèque nationale de France, Folio 1, 15tes Jahrhundert
Tacuinum Sanitatis, BNF Latin 9333, Folio 2Tacuinum Sanitatis, BNF Latin 9333, Bibliothèque nationale de France, Folio 2, 15tes Jahrhundert
BNF Fr. 64, Folio 209vBNF Fr. 64, Bibliothèque nationale de France, Folio 209v, 15tes Jahrhundert
Monatsbilder des Cod. 3085Cod. 3085, Österreichische Nationalbibliothek, Wien, Österreich, 1475
KB76 F13, um 1180KB76 F 13, Folio 3v und 9v, Königliche Bibliothek in den Haag. um 1180
KreuzfahrerbibelDie Kreuzfahrer, oder Maciejowski-Bibel, datiert auf ca. 1244-1254, wurde vermutlich von Ludwig "dem Heiligen" IX. von Frankreich (1214-1270) in Auftrag gegeben und im Pariser Raum angefertigt. Sie stellt ein wichtiges Zeugnis der bildlichen Darstellung von Mode und Sachkultur in Frankreich Mitte des 13ten Jahrhunderts dar.
Wiener HofämterspielKartenspiel, ca. 1460, Berufsgruppen darstellend, "Hofämterspiel" genannt. Vermutlich hergestellt vom Maler Hans von Zürich, und für Ladislaus Postumus, König von Ungarn und Böhmen.
Tacuinum Sanitatis, BNF NAL 1673, Folio 66Tacuinum Sanitatis, BNF NAL 1673, Bibliothèque nationale de France, Folio 66. Ca. 1390-1400.
BNF Fr. 260, Folio 166BNF Fr. 260, "Ab urbe condita", Folio 166, Bibliothèque nationale de France, erstes Viertel 15tes Jahrhundert
BNF Fr. 2091, Folio 115, und BNF Fr. 2092, Folio 35vBNF Fr. 2091, Folio 115 und BNF Fr. 2092, Folio 35v, Bibliothèque nationale de France, Darstellung in St. Denis bzw. und Paris, Paris, 1317
Holkham Bible, British Library MS Add. 47680, Folio 7v und 9Holkham Bible, British Library MS Add. 47680, Folio 7v und 9, ca. 1327-1335
Tacuinum Sanitatis, BNF NAL 1673, Folio 24Tacuinum Sanitatis, BNF NAL 1673, Bibliothèque nationale de France, Folio 24. Ca. 1390-1400.
Romance de Fauvel Romance de Fauvel, BNF Fr. 146, Bibliothèque nationale de France, Folio 36v, um 1320
BNF Fr. 22971BNF Fr. 22971, Bibliothèque nationale de France, Folio 11, ca. 1480-1485
Tacuinum Sanitatis, BNF NAL 1673, Folio 27vTacuinum Sanitatis, BNF NAL 1673, Bibliothèque nationale de France, Folio 27v. Ca. 1390-1400.
BNF Fr. 2643BNF Fr. 2643, Folio 226v, Bibliothèque nationale de France, "Chroniques de Froissart", zweite Hälfte 15tes Jahrhundert, Randzeichnung
BNF 230, fol. 34vBNF 230, fol. 34v, Bibliothèque nationale de France, drittes Viertel 15tes Jahrhundert, Frankreich
BNF Fr. 2644, fol. 135BNF Fr. 2644, fol. 135, Bibliothèque nationale de France, 15tes Jahrhundert, "Chroniques de Froissart"

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