(1345-1400) Im Verlaufe des frühen 14ten Jahrhunderts begann sich die ritterliche Schutzbewaffnung zu ändern und immer mehr Plattenteile tauchten als Ergänzung oder Ersatz der althergebrachten Ringelpanzerrüstungen auf. Während um 1300 der Handschutz eines Panzerreiters noch aus am Ringelpanzer angebrachten Fäustlingen bestand, tauchten ca. ab 1325 vermehrt einzelne Handschuhe mit Plattenverstärkung oder ganz auf Leder aufgenieteten Plattenteilen auf.
Ab 1340 setzt sich allgemein, in Deutschland etwas später, als in England und Frankreich, der Panzerhandschuh mit innen-oder aussenliegenden Platten durch, bevor dieser ca. 1360-70 in dem Stundenglashandschuh seine vorläufige Form findet.
Relativ früh setzte sich in England der Panzerhandschuh dieser Konstruktion durch und ähnliche Modelle sind wenig später auch im deutschen Reich zu beobachten.
Die hier vorliegenden Handschuhe wurden nach diversen Grabplatten angefertigt, insbesonderere denen des John Platagnet, und finden sich in ähnlicher Form auch in Deutschland, z.B. der Grabplatte des Albrecht von Hohenlohe.
In den Massengräbern der ca. 1360 vor den Toren Wisbys auf Gotland stattgefundenen Schlacht der Bürger gegen das dänische Heer finden sich sehr ähnliche Handschuhfragmente.
(In unserem Besitz seit 12/2004 / Stand 25.05.2010)
Grabplatte von Heinrich von Seinsheim, ca. 1345
Grabplatte von Heinrich von Seinsheim, ca. 1345. Hainert-Marienburghausen, ehemalige Zisterzienserinnen Klosterkirche Johannes der Täufer
Grabplatte des Albrecht von Hohenlohe
Die Grabplatte des Albrecht von Hohenlohe Möckmühl zeigt den 1338 vestorbenen Ritter mit relativ moderner Rüstung, ellenbogenlangem Ringelpanzer, Segmentarmschienen an den Unterarmen sowie Plattenhandschuhen mit aussenliegenden Platten und getriebenen Fingerknöchelbuckeln.
Erwähnenswert ist der Schuppenpanzer, der gegen Mitte des 14ten Jahrhunderts zunehmend aus der Mode kommt, vermutlich durch modernere Varianten des Plattenrockes abgelösst. Ihm gegenüber stehen die modernen Handschuhe mit großen, getriebenen, aussenliegenden Platten. Wie bei deutschen Rittern vor 1350 noch sehr typisch, trägt er keine Beinschienen.
Rückenplatte eines deutschen Panzerhandschuhs
Rückenplatte eines deutschen Panzerhandschuhes, vermutlich in Textil eingenietet, ca. 1350, British Museum
Panzerhandschuhe Typ Wisby IV
Panzerhandschuhe aus dem Massengrab bei Wisby, Gotland, ca. 1360. getriebene Fingerknöchelbuckel, aussenliegende Handrückenplatte aus Metall, wahrscheinlich in Textilie oder Leder eingenietete Stulpenplatten
Panzerhandschuhe Typ Wisby IIIa
Panzerhandschuhe aus dem Massengrab bei Wisby, Gotland, ca. 1360. getriebene Fingerknöchelbuckel, aussenliegende Handrückenplatte aus Metall, wahrscheinlich in Textilie oder Leder eingenietete Stulpenplatten
Panzerhandschuh Wisby Typ II
Panzerhandschuhfund aus dem Massengrab in Wisby, Gotland, ca. 1360, mit wahrscheinlich in Textilie oder Leder eingenieteten Metallplatten
Grabplatte des Sir Oliver Ingham
Panzerhandschuhe auf der Grabplatte des Sir Oliver Ingham, bestorben 1343, Suffolk
Kleidung und Waffen der Spätgotik I.
Ulrich Lehnart, Karfunkel Verlag
Detailliertes Werk über die Bekleidung und Bewaffnung des frühen Spätmittelalters. Schöne Farbtafeln und Analyse der dahinterstehenden Quellen. Trotz einiger Fehldatierungen, spekulativen Thesen ein guter Einstieg für Anfänger des beschriebenen Zeitraumes. Der Autor geht insbesondere auf regionale Entwicklungen der Wehrtechnik ein.
3-9805642-8-2 (German)
German Medieval Armies, 1300-1500
Christopher Gravett, Osprey Publishing
Als Reihe der "Men-at-Arms" Serie, deren Ausgaben durchaus unterschiedliche Qualität haben können, zeichnet sich "German Medieval Armies" als relative gute, wenn auch bedingt durch die Materie grobe Übersicht über die Entwicklung von Defensiv-und Offensivwaffen sowie Einsatz mittelalterlicher Armeen aus. Schöne Farbtafeln runden das durch zahlreiche Primärquellen ergänzte Buch ab. Empfehlenswert als Übersicht und Ansatzpunkt für detaillierte Recherche.