Rüstung und Waffen - Spätgotische Schwebscheiben

Spiralförmig getriebene spätgotische Schwebscheiben nach einer Grabplatte aus Franken
(2. H. 15. Jhd)
Mit dem zunehmenden Einsatz von getriebenen Plattenteilen als Teil des ritterlichen Harnisches tauchten im Verlaufe des ersten Viertels des 14ten Jahrhunderts zunehmend getriebene Platten für die Armgelenke auf. Während in England und Frankreich sich bereits in der ersten Hälfte des 14ten Jahrhunderts getriebenes Armzeug mit Ellenbogenbuckel und/oder Stechscheiben etablierten, verliess man sich im deutschen Raum bis zur Jahrhundertmitte primär auf den Ringpanzer.
Parallel zur Verbreitung der Armzeuge und Schulter-sowie Ellenbogenpanzerung suchte man nach Möglichkeiten, die empfindliche Armbeuge, die auf Grund der Beweglichkeit nur bedingt gepanzert werden konnte, vor allem gegen Stiche zu schützen.
Dies führte zu dem Einsatz von Schwebscheiben, die in der Panzerung bis ca. 1500 Teil des Harnischs blieben.
Auch frühe Formen der Ellenbogenbuckel besaßen zuweilen eine einfache Scheibenform, und im Übergang zu an der Armpanzerung fixierten Gelenkmuscheln wurden oft angenestelte Scheiben benutzt.
Im Verlaufe des 15ten Jahrhunderts wurde im deutschen Raum nur noch selten ein vollständiger Ringpanzer unter dem Harnisch (-> Spätgotischer Brust-und Rückenharnisch ) getragen- anders als in Italien. Auf Grund dessen trug man unter dem Plattenharnisch verschiedene, einzelne Ringpanzerteile (-> Ringpanzerkragen), eine Art "halbes" Hemd, oder nähte Ringpanzergeflecht auf das darunter getragene Wams (-> Rüstwams) auf, eine Praxis, wie sie bereits in der Limburger Chronik Mitte des 14ten Jahrhunderts beschrieben wird. Je nachdem, wie das Armzeug und die Schulterpanzerung geartet war, trug man dazu dann weiterhin Schwebscheiben, um die Armbeuge vor Geschossen, Stichen und anderen Angriffen zu schützen. Insbesondere beim leichten, auch "knechtisch" genanntem Armzeug (da es primär bei Fusssoldaten, oder Fussknechten in Benutzung war, -> Einfaches knechtisches Armzeug ) trug as Geschübe nicht zum Schutz der empfindlichen Achselpartie bei, weswegen Schwebscheiben weit verbreitet waren.

Weitere zugehörige Harnischteile in diesem Zeitrahmen

Vorläufer früherer Jahrhunderte

Vergleichsbeispiele
 

Vorlage

Die vorliegenden Schwebscheiben basieren auf der Grabplatte des Ritters Georg Sack aus dem Kloster Heilsbronn in Franken.

Sie sind mittig mittels einer Messingzierniete auf einen Lederriemen genietet, der mittels Nestelbänder am Wams oder Ringpanzerärmel befestigt werden.

Die genaue Befestigungsmethode unterliegt Diskussionen. Während bei großen Schultern Löcher im frontalen Bereich dafür vorgesehen sind, ist bei einfachem knechtischen Armzeug ebenfalls eine Befestigung am Fixpunkt der Schulter denkbar.
Sie weisen eine spiralförmige Gratung auf, die in verschiedener Form an zahlreichen Originalen und Darstellungen wiederzufunden ist.

Legende der Beispiele rechts:

  1. Statue, Heilsbronn, spätes 15tes Jahrhundert, jetzt im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, Hauptvorlage.
  2. Grabplatte von Heinreich III. Landgraf zu Marburg, gestorben 1483, in der Elisbaethkirche Marburg, Vergleichsbeispiel.
  3. Grabplatte des Truchseß Georg 1. von Waldburg, gestorben 1467, ehemalige Stiftskriche Waldsee, Vergleichbeispiel

Fixpunkt siehe auch -> Einfaches knechtisches Armzeug.

Eine Arbeit von Piotr Zacharski (Schwebscheibe selber).

Verschiedene Statuen, spätes 15tes Jahrhundert
(In unserem Besitz seit 06/2012 / Stand 23.09.2013)
 

Quellangaben

Grabplatte des Truchseß Georg 1. von WaldburgGrabplatte des Truchseß Georg 1. von Waldburg, gestorben 1467, ehemalige Stiftskriche Waldsee
Grabplatte von Heinreich III. Landgraf zu MarburgGrabplatte von Heinreich III. Landgraf zu Marburg, gestorben 1483, in der Elisbaethkirche Marburg
Grabplatte Georg Sack, Kloster Heilsbronn, Franken, spätes 15tes JahrhundertGrabplatte des Ritters Georg Sack, auch bekannt als "Schwanenritter", ursprünglich im Kloster Heilsbronn, spätes 15tes Jahrhundert, jetzt im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg

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