Sonstiges - Jesusfigürchen

Segnendes Jesuskind aus Keramik
(um 1500)

Kaum ein Element der Lebens-und Gedankenwelt des mittelalterlichen Menschen lässt ihn für heutige Menschen so fremd erscheinen, wie sein Glaube. Das Christentum in Europa, das im späten 15ten Jahrhundert kurz vor seinem Scheideweg stand, ist für viele heutzutage gleichbedeutend mit einer übermächtigen Kirche, der der Mensch sich unterordnete, mehr aus Mangel an Alternativen denn aus wirklicher Überzeugung. Wie sehr dieses Bild von einer modernen Wahlfreiheit geprägt ist, machen einem viele kleine Elemente der alltäglichen, vor allem aber privaten Glaubenswelt des mittelalterlichen Menschen klar, die teils sich deutlich im Fundgut wiederspiegeln.
Während in Kirchen prächtige Altargemälde verwendet wurden, und kleinere Schnitzältäre und Malereien in wohlhabenden Haushalten gleichzeitig Glaubens- wie Repräsentationsfunktion erfüllten, finden sich kleine, in günstigen Materialien ausgeführte Gegenstände, wie diese Statue des Christusknaben, der mit den Attributen des Weltenrichters, mit Herschermantel, Reichapfel und Kreuz und segnend erhobener Hand dargestellt wird. Welche genaue Funktion diese Figur hatte, ist uns nicht bekannt, sie kann sowohl als Spielzeug, als auch privaten Andachtshandlungen gedient haben. Zeitgenössische Quellen erwähnen solche Figuren als beliebtes Geschenk zum Neujahrestag.
Weitere private Glaubenspräsentationen manifestieren sich im späten Mittelalter in Taschenaltären, kleinen Klappaltären aus Buntmetall, gedruckten Heiligenbildern, aber auch in Segenssprüchen und Anrufungen von Heiligen für die Not während des Krieges an Waffen, Rüstungen und z.B. Schilden. Solche Zeugnisse privaten Glaubens lassen uns die Menschen näher rücken, für die ihr Glaube Halt in einer Welt voller für sie unbeeinflussbarer Ereignisse war, jenseits von der Organisation der Kirche.
Kleine Figuren dieser Art wurden von sogenannten "Bilderbäckern" hergestellt, die unter anderem auch Spielzeuge wie kleine Tonpferdchen, Tonritter, Kruselerpüppchen herstellten.

 

Vorlage

Das Figürchen ist eine Replik eines Fundes aus der Latrine des Augustinereremitenklosters in Freiburg. Vergleichbare Funde gibt es aus ganz Deutschland, eine große Anzahl z.B. aus Augsburg Ausgrabung Kitzenmarkt 11.
Jesusfigürchen aus der Latrine des Augustinereremitenklosters in Freiburg, um 1500
(In unserem Besitz seit 08/2010 / Stand 05.12.2011)
 

Quellangaben

Latrinenfunde aus FreiburgFunde (u.a. Holz) aus der Latrinengrube des Augustinerklosters in Freiburg
Stadtgrabungen in AugsburgStadtgrabungen in Augsburg, Kitzenmarkt 11, u.a. eine Reihe spätmittlelaterlicher Tonfiguren

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