(1335-1380)
Anders als heutzutage war der Gürtel des mittelalterlichen Menschen starker Ausdruck seines Wohlstandes und Schmuckempfindens. Einfache Gürtel, pur die Funktion erfüllend, die Kleidung zusammenzuhalten (->
Einfacher Gürtel
), oder als Aufhängung für Taschen oder Messer zu dienen, verblieben Sache körperlich hart arbeitender Menschen, oder wurden zur Arbeit getragen, wer Geld besaß, zeigte dies durch einen besonders reich gescmückten Gürtel.
Beschläge aus Bronze, Messing, Silber, Zinn oder Gold, teils mit Edelsteinen besetzt, vergoldete Elemente, oder golddurchwirkte Bänder (->
Broschierter Gürtel
) statt einem ledernen Träger präsentierten Wohlstand und Standesanspruch des Trägers, verbunden mit Überlängen, die auf die fehlende Notwendigkeit des Trägers hinwiesen, körperlich arbeiten zu müssen.
Die Breiten variarten je nach Mode und Art des Gürtels. Im Verlaufe des zweiten Viertel des 14ten Jahrhunderts etablieren sich bei Männern breite, zunehmend auf der Hüfte getragene Gürtel mit großer Schnalle und aufwändigen, zusehends bündigen Beschlägen, deren Schnalle nicht mehr mittig, sondern häufig seitlich getragen werden. Die Trageweise des Gürtels wandert von dr Taille stärker zur Hüfte, und schliesslich entsteht hierraus der Plattengürtel, der für die Erscheinung modisch gekleideter Männer, aber auch zusehends für die Damenmode charakteristisch wird.
Die zentrale Vorlage dieses Gürtels stellt der Epitaph des thüringischen Grafen Otto VI. von Orlamünde-Weimar in der Stiftskirche des oberfränkischen Klosters Himmelkron dar. Desweiteren sind konstruktive Details einem Gürtel aus der Rüstkammer der Churburg in Tirol entnommen.
Er ist aus mehrlagigen, miteinander vernähten, schwarzen Leder gefertigt, und mit Messingbeschlägen, Lochnieten und Schnalle sowie Endbeschlag versehen. Es ist anzunehmen, dass das Material im Original entweder vergoldetes Messing, vergoldetes Silber, oder aber pures war. Auf Grund der Tatsache, dass der Gürtel im Rahmen von Vorführungen rekonstruierter Harnischfechttechniken eingesetzt wird, wurde vorerst darauf verzichtet.
Der Entbeschlag ist beidseitig mit dem Wappen des fiktiven, thüringischen Ritters "Wilhelm von Berner" verziert:
"In Silber ein grüner Balken
Oben drei Rosen in Rot
Unten ein Schmiedehammer in Blau"
(In unserem Besitz seit 08/2010 / Stand 25.08.2010)
Gürtel in der Churburg
Mehrlagiger, teilvergoldeter(?) Gürtel in der Rüstkammer Churburg
Grabplatte des Grafen Otto VI. von Orlamünde-Weimar
Der um 1340 entstandene Epitaph des Grafen Otto VI. von Orlamünde-Weimar in der Stiftskirche des oberfränkischen Klosters Himmelkron zeigt den letzten, auf der Plassenburg residierenden thüringischen Grafen in typischer Rüstung um 1340, mit ellenbogenlangen Ringelpanzer, über einen Aketon, darüber einen Plattenrock, Segmentarmschienen an den Unterarmen, Beckenhaube und Plattenhandschuhen mit aussenliegenden Platten, und getriebener Stulpe. Er trägt weiterhin einen der zu dieser Zeit modern werdenden breiten Gürtel, sowie eine neumodische Tartsche mit Lanzenruh.
Kleidung und Waffen der Spätgotik I.
Ulrich Lehnart, Karfunkel Verlag
Detailliertes Werk über die Bekleidung und Bewaffnung des frühen Spätmittelalters. Schöne Farbtafeln und Analyse der dahinterstehenden Quellen. Trotz einiger Fehldatierungen, spekulativen Thesen ein guter Einstieg für Anfänger des beschriebenen Zeitraumes. Der Autor geht insbesondere auf regionale Entwicklungen der Wehrtechnik ein.
3-9805642-8-2 (German)
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