Kleidung - Gefütterter Männerkittel

Kittel aus waidgefärbter Wolle
(ca. 2. Viertel 13tes bis 2. Viertel 14tes Jhd.)

Bereits seit der Antike ist die männliche Oberbekleidung durch ein Kleidungsstück geprägt: dem Kittel. Auch "Tunika" genannt erscheint dieses in verschiedener Form bis in die frühe Neuzeit hinein, und wird erst im Zuge der stärker Moden unterworfenen, maßgeschneiderten Kleidung des späten Mittelalters zunehmend verdrängt. Jenseits dessen bleibt er dennoch noch längere Zeit bei der arbeitenden Bevölkerung in Gebrauch.

Als einer der zentralen Parameter ist die Länge anzusehen, die im Allgemeinen bei Männern klerikalen Standes, Würdenträgern verschiedener Art, und bei nichtarbeitenden Personen bis zu den Knöcheln reichen kann. Selbst nach der Vergeschlechterung der Mode um die Mitte des 14ten Jahrhunderts verbleibt der knöchellange Kittel (altfranzösisch Cotte, italienisch Cotta) bei z.B. Kaufleuten, bei zeremoniellen Anlässen, dem klerikalen Stand usw. in Gebrauch.
Desweiteren variiert die Art des Halsausschnittes, der entweder groß genug verblieb, um hineinzuschlüpfen, oder enger geschnitten wurde, und dann mittels Schnüren, einer Fibel , oder Knöpfen verschlossen wurde. Während letztere erst ab der zweiten Hälfte des 13ten Jahrhunderts wieder zunehmend in Erscheinung treten, ist der Verschluss mittels eines Fürspanes, oder einer Fibel, bereits sehr früh nachweisbar.


Der im Grunde rechteckige Zuschnitt konnte aus einer Bahn bestehen, wodurch keine angeschrägten Schultern möglich waren, und wurde durch eine variierende Anzahl von eingesetzten Dreiecken ab Achsel oder Hüfte erweitert. Zentral (hinten udn vorne) konnte ein Schlitz des Gehen, oder Reiten erleichtern. Auch der Ärmelschnitt konnte verschiedene Formen besitzen: die einfachste Form ist ein an den Torso angesetztes Rechteck, wesentlich moderner, aber bereits schon lange vor dem 13ten Jahrhundert nachweisbar sind runde Armkugeln. Mit der ab der Mitte des 13ten Jahrhundert von Frankreich ausgehenden Mode des eng anliegenden Unterarmes wurden verschiedene Lösungen gesucht, diesen verschliessbar zu machen: zunächst sind einfache, umzuklappende geschlitze Unterarme nachweisbar, die später geknöpfen Ärmeln weichen (-> Kittel mit geknöpften Unterarmen), für die spätestens aus praktischen Gründen die Naht an die Armhinterseite verlegt werden musste.
Ab dem 14ten Jahrhundert diktiert die Mode des körpernahen Zuschnittes einen Verschluss für den Torso, auf Grund dessen der Kittel schliesslich mit Knöpfen, Nesteln oder Haken und Ösen verschlossen wird, wodurch die Cotehardie (-> Herrencotehardie , -> Kurze Cotehardie ) entsteht.

Entwicklungslinie des Kittels von der ersten Hälfte des 13ten Jahrhunderts an:

 

 

Vorlage

Dieser Kittel wurde nach eine Reihe von Abbildungen und Statuen im Vergleich mit verschiedenen Funden des 13ten Jahrhunderts gefertigt.
Kittel dieser Art, mit Fivelverschluss, sind noch bis weit in das 14te Jahrhundert nachweisbar.
Es wurde ein Schwerpunkt auf französische Quellen und Details gelegt.
Anders als beim anderen Kittel wurden in diesem Fall die Unterarme nicht geschlitzt, sondern liegen eng an, ein hochkrempeln ist nicht mehr möglich. Desweiteren ist der Halsausschnitt mit einer Fibel verschlossen.

Er ist aus mit Waid gefärbter Wolle gefertigt, die mit weissem Leinen gefüttert wurde.
Verschiedene Kittel, teils gefüttert, teils mit Fibelverschluss, in der Morganbibel
(In unserem Besitz seit 08/2008 / Stand 09.06.2010)
 

Quellangaben

KreuzfahrerbibelDie Kreuzfahrer, oder Maciejowski-Bibel, datiert auf ca. 1244-1254, wurde vermutlich von Ludwig "dem Heiligen" IX. von Frankreich (1214-1270) in Auftrag gegeben und im Pariser Raum angefertigt. Sie stellt ein wichtiges Zeugnis der bildlichen Darstellung von Mode und Sachkultur in Frankreich Mitte des 13ten Jahrhunderts dar.
Bible moraliseParis, Bibliothèque nationale de France MS fr. 167, Bible moralise, Codex, Frankreich, Mitte 13tes Jahrhundert
Skjoldehamn Kittel Skjoldehamn KittelMittels Radiocarbonmethode auf Anfang 11.Jahrhundert datierter Kittelfund aus einem Moor bei Skjoldehamn, Norwegen. Zentrale Schlitzung frontal und hinten, seitliche Gereneinsätze, sich verjüngende Ärmel und Gereneinsätze.
Söderköping KittelDendrochronologisch auf um/vor 1242 datierter Kittelfund aus Söderköping, Schweden. Das in Mi-Parti (rot-blau) und damit mit zentraler Naht ausgeführte Kleidungsstück weisst runde Ärmeleinsätze und seitliche Geren auf.
Kragelund KittelMittels Radiocarbonmethode auf 11/12. Jahrhundert datierter Kittelfund aus dem Kragelundmoor bei Viborg, Dänemark. Zentral und seitliche Gereneinsätze, mehrteilige Ärmel.
Rønbjerg KittelMittels Radiocarbonmethode nach Stuiver and Pearson auf um 1280 datierter Kittelfund aus Rønbjerg, Dänemark. Zentrale wie seitliche Geren, runde Ärmellöcher. Ärmelö nicht erhalten. langer frontaler Einschnitt unterhalb des Kopfloches, vermutlich mit Fürspan o.ä. zu verschliessen..

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