(13 - 15. Jhd)
Ist der heutige mitteleuropäische Mensch meisst einen relativ hohen Komfort an Haushalt und
Bett
statt gewohnt, erscheinen einen mittelalterliche Wohnverhältnisse oft beengt, unkomfortabel und primitiv. Tatsächlich lässt sich eine pauschalisierende Aussage zu den Räumlichkeiten nur bedingt treffen, die sich von den frühen, von Grossfamilien bewohnten Häusern bis in das späte Mittelalter stark geändert haben, und auch sehr stark je nach Einkommen und Ansehen der betreffenden Person oder Familie schwankte.
Bis in das späte Mittelalter erscheinen jedoch die Wohnräume meisst nur mässig mobiliert gewesen zu sein, betrachten wir entsprechende Testamente aus dem späten Mittelalter, sind nur wenige Möbel anzutreffen, und auch in Gemälden, die die Wohnverhältnisse im späten Mittelalter oft anhand von bessergestellten Personen des Stadtbürgertums oder das Adels darstellen, erscheint der Variantenreichtum der benutzten Möbelstücke in ihrem Zweck übersichtlich. Dennoch geben testamentarische Aufzeichnungen im Zusammenhang mit Darstellungen gerade im späten Mittelalter in bürgerlichen Verhältnissen, und darüber, für den durchschnittlich mit der Materie bewandten Menschen Anlass zu überraschung, lässt sich doch eine breite Anzahl textiler Wohngegenstände feststellen, allen vorran die Kissen.
Kissen lassen sich in verschiedenen Formen als Ohrenkissen, Nackenrollen, Sitz-und Polsterkissen, und vor allem auch
Bett
kissen nachweisen. Gerade letztere sind an einem Vorurteil Schuld, das wohl jeder schon einmal während einer Burgführung gehört haben mag: die Grösse mittelalterlicher
Bett
en und die Körpergrösse des Menschen.
Dies ist, wie auch an anderer Stelle ausgeführt (->
Besticktes Kissen
) ein Trugschluss, da bis in das späte Mittelalter, und darüber hinaus, Menschen sich im
Bett
oft mittels vieler Kissen in eine nahezu sitzende Position brachten, von der man glaubte, dass sie im gegensatz zum Liegen ungefährlicher sei, vermutlich ein grund für die kurzen
Bett
en (der keineswegs wesentlich kleineren Menschen im Mittelalter).
Kleinere Kissen, wie erwähntes
Besticktes Kissen
, ergänzten in gutsituierten Haushalt die
Bett
ausstattung, die, ebenfalls leicht für heutige Glaubenswelten überraschend, durchaus in der Regel saubere, geglättete weisse Laken aus
Leinen
aufwies, sowie Bezüge und laken verschiedener Art und Musterung mit Karos und Streifen, bis in jüngerer Vergangenheit als "
Bett
ziechen" bekannt. Insbesondere Köln, aber auch süddeutsche Städte wie Würzburg oder Köln, exportierten im späten Mittelalter verschiedene Arten von
Bett
ziechen in das ganze deutsche Reichsgebiet.
Die vorliegenden Kissen wurden auf Basis einer ganzen Reihe Testamente, Bilder und Bildhauerarbeiten angefertigt.
Obwohl gemusterte Kissen auch schon auf Abbildungen des hohen Mittelalters nachweisbar sind, und die Ziechenmacherei sich bereits im 12ten Jahrhundert nachweisen lässt (Köln, 1149, Zunft-und Gildewesen), sind die hier gezeigten Kissen primär nach Vorlagen des späten Mittelalters gefertigt.
Insbesondere das blau karierte
Bett
ziechen lässt sich auf Darstellungen ab der Mitte des 14ten Jahrhunderts vermehrt nachweisen, und dominiert Darstellungen des späten 15ten Jahrhunderts. Blau kariertes
Leinen
ist bei einer Färbung des Garns mit Waid oder Indigo für
Leinen
verhältnismässig einfach herzustellen, blaue Musterungen dominieren in den Darstellungen gegenüber anderen Farben, insbesondere Rot, eindeutig. Obwohl das Material oft nicht eingrenzbar ist, und neben
Seide
in manchen Fällen sogar Baumwollgewebe bzw.
Barchent
in Betracht kommt (Baumwolle erscheint spätestens im 14ten Jahrhundert vermehrt in Testamenten und anderen Textquellen), ist der Vergleich zu späteren, mit vorindustriell/ chemisch gefärbten Leinen, wie es hier grösstenteils verwendet wurde, schlüssig.
Die Kissen sind jeweils mit Daunen und Federn, oder Wollvlies gefüllt, die in ein leinernes Innnenkissen eingenäht wurden. Die Bezüge sind aus altem
Leinen
gefertigt, und mit einem Verschluss in Form eines Fingerschlaufenbandes aus
Leinen
zugebunden.
Die Quasten, ebenfalls in zahlreichen Darstellungen als Verzierung nachweisbar, sind aus
Wolle
gefertigt, die mit Krapp und Indigo gefärbt wurde.
(In unserem Besitz seit 08/2007 / Stand 27.11.2008)
Gemälde, Filialkirche St. Nikolaus
Gemälde, Filialkirche St. Nikolaus, Klerant, Südtirol, 1475-85
Gemälde, Stiftssammlung St. Paul im Lavanttal
Gemälde, Stiftssammlung St. Paul im Lavanttal, Kärnten, Österreich, 1490-1500
Stephan in Obermontani, Morter, Italien, 1400-1410
Stephan in Obermontani, Morter, Italien, 1400-1410
Gemälde, IN 1962 des Landesmuseum Ferdinandeum
Cod. 2612, Folio 32v
Cod. 2612, Folio 32v, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Österreich, 1350-1400
Cod 168, I, Folio 256v
Cod 168, I, Folio 256v, Universitätsbibliothek Gaz, Steiermark, Österreich, ca. 1336
Gemälde aus der Stiftsgalerie Klosterneuburg
Gemälde aus der Stiftsgalerie Klosterneuburg, Österreich, ca. 1330
Kalkmalerei aus der Göttweigerhofkapelle in Stein an der Donau
Kalkmalerei aus der Göttweigerhofkapelle in Stein an der Donau, Österreich, ca. 1305 - 1310
S 384, Folio 230v
S 384, Folio 230v, Universitätsbibliothek Bonn, um 1299
S. 384, Folio 21r
S. 384, Folio 21r, Universitätsbibliothek Bonn. Um 1299
Cod. 66, Folio 67v
Cod. 66, Folio 67v Stiftsbibliothek Heiligenkreuz, Niederösterreich, 1200-1250
Cod 287, Folio 12r
Cod 287, Folio 12r Universitätsbibliothek Graz, Steiermark, Österreich, 1200-1250
Testamente aus Lüneburg
Testamente aus Lüneburg des 14ten- 15ten Jahrhunderts, unter anderem das Testament des Vikars Heinrich Tetendorp. Auswertung der Materiellen Kultur.
Spätmittelalterliche Gemälde aus Nürnberg
Verschiedene Gemälde aus Nürnberg (Nürnberger Lorenzkirche, Germanisches Nationalmuseum), aus dem Zeitraum 1380-1500.
Schillingchronik
Berner Chronik oder Schlinngchronik, eine von Diebold Schilling dem Älteren verfasste Chronik der Burgunderkriege, ca. 1474-83.
Alexanderroman
Der Alexanderroman, vermutlich ca. 1338-44 in Flandern (aus der Hand des flämischen Illustrators Jehan de Grise und seiner Werkstatt) entstanden, enthält Verse in französischem (picardischen) Dialekt und (ab 1400) Englisch über "Romance of the Good King Alexande" (über Alexander den Grossen), sowie illustrierte Berichte über die Reisen Marco Polos. Es stellt eine hervorragende Quelle für französische Mode um die Mitte- genauer der ersten Hälfte der 40ger Jahre- des 14ten Jahrhunderts dar.
Kreuzfahrerbibel
Die Kreuzfahrer, oder Maciejowski-Bibel, datiert auf ca. 1244-1254, wurde vermutlich von Ludwig "dem Heiligen" IX. von Frankreich (1214-1270) in Auftrag gegeben und im Pariser Raum angefertigt. Sie stellt ein wichtiges Zeugnis der bildlichen Darstellung von Mode und Sachkultur in Frankreich Mitte des 13ten Jahrhunderts dar.
Die Welt der Schweizer Bildchroniken
Carl Pfaff, Edition91
Hervorragendes Buch über die Schweizer Bildchroniken aus den Jahren 1470 bis 1515, mit Übersicht spätmittelalterlichen Lebens in der Schweiz und guten Quellen zu süddeutscher Mode.
3905515017 (German)
Zurück zu anderen Gegenständen in dieser Kategorie